BSFZ sorgt für Klarheit: Offizieller Prüfleitfaden zur Forschungszulage veröffentlicht

Die Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ) hat in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erstmals einen offiziellen Leitfaden zur Prüfungspraxis für FuE-Projekte im Rahmen der steuerlichen Forschungszulage veröffentlicht. Damit wird allen Unternehmen, die eine steuerliche Förderung für ihre Forschungs- und Entwicklungsprojekte beantragen möchten, ein detaillierter Einblick in die offiziellen Prüfkriterien der BSFZ gewährt.

Erfahren Sie in unserem Blogartikel, worauf es bei der Prüfung Ihres Antrages ankommt!

Orientierung in der Praxis

Durch die Veröffentlichung des Prüfleitfadens wird das Bescheinigungsverfahren der Forschungszulage transparenter gestaltet. Der Leitfaden klärt darüber auf, welche Kriterien zur Bewertung der Förderfähigkeit herangezogen werden und welche FuE-Aktivitäten i.d.R. förderfähig oder grundsätzlich nicht förderfähig sind. Zudem gibt er Aufschluss über formale Anforderungen des Antrags und Hinweise zu antragsrelevanten Inhalten z. B. im Falle einer Auftragsforschung oder Kooperation. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Leitfaden keine spezifischen Projekte nennt, die gefördert werden können, da jeder Antrag auf Forschungszulage individuell bewertet wird und der Leitfaden lediglich als Anhaltspunkt dient.

Der BSFZ-Prüfleitfaden erfüllt dabei folgende Zwecke:

  • Praxisorientiertes Instrument: Der Leitfaden dient der BSFZ zur vergleichbaren Bewertung der Förderfähigkeit und den Unternehmen zur Orientierung und Nachvollziehbarkeit.
  • Anwendung auf alle Themenbereiche: Der Leitfaden gilt für alle Themen und wird während des gesamten Prüfprozesses angewendet, erläutert aber zudem für spezifische Branchen praxisrelevante Beispiele und Abgrenzungen.
  • Dynamisches Werk: Der Prüfleitfaden wird kontinuierlich an aktuelle beihilferechtliche Entwicklungen und Praxiserkenntnisse angepasst.

Rechtlichter Rahmen

Die rechtliche Grundlage des Prüfleitfadens bilden das Forschungszulagengesetz (FZulG) und die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO).

Zudem wird der Bericht des Stifterverbands für die deutsche Wirtschaft an das BMBF „Abgrenzung des FuE-Begriffs sowie Erarbeitung eines Leitfadenvorschlags für die Bescheinigungsstelle und für antragstellende Unternehmen“ und das Frascati-Handbuch der OECD zur Messung von wissenschaftlichen, technologischen und Innovationsaktivitäten (in der Fassung aus 2015) als rechtliche Grundlage herangezogen.

Die Bescheinigungsstelle für Forschungszulagen (BSFZ) hat den Auftrag, zu prüfen, ob die eingereichten Projekte als Forschung und Entwicklung (FuE) einzustufen sind und ob die angegebenen personellen und finanziellen Rahmenbedingungen plausibel sind.

Dabei wird im Prüfleitfaden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das anschließende Verfahren bei den zuständigen Finanzämtern für die BSFZ nicht von belangen ist! Hierfür gibt weiterhin das BMF-Schreiben an die Finanzämter (letzte Fassung vom 07.02.2023) Orientierungen und Hinweise.

Klarifizierung der 3 Kriterien des BSFZ-Prüfverfahrens

Erstmals gibt die BSFZ über ihre FAQs und das Antragsformular hinausgehend Aufschluss darüber, wie die 3 Prüfkriterien Neuartigkeit, Unwägbarkeit/Risiko und Planmäßigkeit definiert und interpretiert werden.

Bezüglich der Neuartigkeit wird zum einen klargestellt, dass der Gewinn von Erkenntnissen und Wissen zwar in erster Linie für das Unternehmen selbst neu sein muss. Diese dürfen aber gleichzeitig auch nicht dem Stand der Technik im Wirtschaftszweig entsprechen. Hieraus folgt die Notwendigkeit den Wirtschaftszweig, Forschungszweig bzw. die Branche eindeutig zu definieren und einzugrenzen. Zusätzlich ist es erfahrungsgemäß hilfreich, die vorliegende Wissenslücke zu beschreiben bzw. zu erläutern, welches Wissen innerhalb der Branche nicht frei zugänglich ist. Für Vorhaben der experimentellen Entwicklung ist es zudem unerlässlich, die geplanten Tätigkeiten von routinierten, wiederkehrenden Arbeiten im Unternehmen abzugrenzen, indem entweder

  • Start/Ausgangslage,
  • Weg zur Umsetzung, oder
  • angezieltes Produkt, Verfahren oder Dienstleistung

abgegrenzt werden.

Gekoppelt ist die Prüfung der Neuartigkeit immer an die Bewertung der Unwägberkeit/des Risikos. Hierfür erläutert die BSFZ, dass die alleinige Benennung der Nichterreichung von Zielen nicht ausreichend ist. Vielmehr muss konkretisiert werden, aus welchen wissenschaftlichen Gründen die Zielerreichung riskant ist bzw. aufgrund welcher alternativer, risikobehafteter Lösungsansätze das Ende des Vorhabens verzögert werden könnte. Hilfreich für die Beurteilung kann die Nennung technologischer Abbruchkriterien sein.

Über die Erläuterungen aus dem Frascati-Handbuch zur Planmäßigkeit (systematische, planbare, budgetierbare Vorgehensweise) hinausgehend, erweitert die BSFZ die Definitionen und fordert ebenfalls die Beschreibung einer wissenschaftlich fundierten Methodik/Vorgehensweise. Weiterhin muss aus dem Antrag erkennbar sein, inwieweit alle Vorhabensbestandteile und Arbeitspakete erforderlich für die Zielerreichung des Vorhabens sind.

Formale Aspekte

Neben inhaltlichen Erläuterungen liefert der Prüfleitfaden auch formale Anforderungen an die Antragstellung. U. a. sind folgende Aspekte zu beachten:

  • Der Antrag und auch eingereichte Anhänge müssen für die Bewertung in deutscher Sprache verfasst sein.
  • Zusätzliche Projektbeschreibungen in Textform, Dissertationen, Fachartikel etc. im Anhang werden nicht bewertet.
  • Bereits eingereichte Anträge, auf welche in einem neuen Antrag verwiesen wird, werden nicht für die Bewertung herangezogen.
  • Können Tätigkeiten nicht einem definierbaren, unteilbaren Vorhaben mit einer ökonomischen, wissenschaftlichen oder technischen Aufgabe bzw. Zielstellung zugeordnet werden, müssen diese Tätigkeiten separat bescheinigt werden. Eine Aufführung mehrerer (ähnlicher) Vorhaben in einem Antrag kann nicht positiv bewertet werden.

Kriterien für Kooperation und Auftragsforschung

Die aus dem BMF-Schreiben bekannten rechtlichen Kriterien für Kooperation & Auftragsforschung werden durch den neuen BSFZ-Prüfleitfaden hinsichtlich technischen Anforderungen erweitert.

Für die Beantragung eines Kooperationsprojektes muss jeder Kooperationspartner eine für seinen Arbeitsanteil zutreffende aussagekräftige, nachvollziehbare, inhaltliche Beschreibung einreichen. Die allgemeine Zielstellung des gesamten Kooperationsvorhabens sollte, seit der letzten Aktualisierung des Antragsformulars, über 500 zusätzliche Zeichen angegeben werden. Nur in Ausnahmefällen, wie z.B. bei komplexen Vertragskonstellationen, kann durch eine plausible Begründung darauf verwiesen werden, dass durch die Kooperationspartner identische Arbeiten stattfinden.

Für die Beschreibung von Auftragsforschung sind die Kriterien des FZulG immer aus Sicht des antragstellenden Auftraggebers zu bewerten. Obwohl eine Auftragsforschung auch Sachkosten enthalten darf, muss immer der Anteil der enthaltenen Personalleistungen beschrieben werden und inwiefern dieser unerlässlich für die Erreichung der Vorhabensziele bzw. komplementär zu möglichen Arbeitsanteilen des Auftraggebers ist. Zudem sind neben der Zielstellung der Auftragsforschung auch der überwiegende FuE-Charakter sowie die Generierung bzw. Anwendung spezifischen neuen Wissens zu erläutern. Grundsätzlich nicht förderfähig sind die Produktion von Werkstücken sowie routinemäßige Messungen, Analysen und Dienstleistungen, insofern kein neues Wissen aus Ihnen hervorgeht.

Branchenübergreifende Praxisbeispiele und Abgrenzungen

Nachdem u.a. aus dem BMF-Schreiben bekannt war, dass Durchführbarkeitsstudien oder Machbarkeitsstudien (auch PoC / Proof-of-Concept) nicht der förderfähigen FuE zuzuordnen sind, gibt der Prüfleitfaden eine positive Klarstellung hierzu. Er erläutert, dass die Begrifflichkeiten branchenweit unterschiedlich interpretiert werden und dass dennoch eine Förderfähigkeit vorliegen kann, falls hierbei FuE-Tätigkeiten durchgeführt bzw. wissenschaftlich-technische Phänomene untersucht werden. Abzugrenzen sind ausschließlich Phasen, in denen wirtschaftliche und administrative Aspekte (z.B. Marktforschung, Suche von Lieferanten, Patentrecherchen) für die Projektdurchführung evaluiert werden.

Weiterhin gibt der Leitfaden Praxisbeispiele über die Abgrenzung zum Ende des FuE-Teils eines Projektes. So endet die FuE-Phase mit dem Test eines oder, insbesondere im Falle des Maschinenbaus, mehrerer Prototypen. Fortgeschrittene Phasen wie die reine Inbetriebnahme von Maschinen, Anpassungen bei Endkunden der Bau von Nullserien bzw. die Vorserienentwicklung & Versuchsproduktionen sind nur in Ausnahmefällen der FuE zuzurechnen.

Bezüglich Tätigkeiten des Projektmanagements werden sowohl administratives als auch technisches Projektmanagement von FuE ausgeschlossen. Eine Klarstellung, welche Tätigkeiten „technisches Projektmanagement“ umfasst und worin die Unterscheidung zu förderfähigen FuE-Arbeiten liegt, bleibt der Prüfleitfaden schuldig. Dagegen ist die Anfertigung wissenschaftlicher Veröffentlichungen (keine Handbücher) im Sinne der technischen Dokumentation förderfähig.

Produktdesign kann eine förderfähige Tätigkeit sein, insofern technische Spezifikationen und Merkmale geplant/entworfen werden, was üblicherweise in frühen Projektstadien der Fall ist.

Abgrenzungen für Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)

Aufgrund des hohen Anteils antragstellender Unternehmen aus der IKT-Branche und der Vielfalt der Entwicklungsbereiche gibt der Prüfleitfaden einige wichtige Abgrenzungen bekannt. Benannt werden u.a. Tätigkeiten, die nicht förderfähig sind, insofern ein Projekt ausschließlich aus ihnen besteht und es keinen darüber hinausgehenden Entwicklungsschwerpunkt gibt. Nennenswert sind hierbei insbesondere:

  • Zertifizierungen
  • Einrichtung, Installation und Konfiguration von Hardware und Software
  • Datenmigration und -zugriff (Standortvernetzung)
  • Portierung von Software z.B. von Standalone (OnPrem) zu Cloud(SaaS)-Lösungen
  • baukastenbasierte Verknüpfung von Softwarelösungen ohne Risiko
  • digitale Lernplattformen

Abgrenzungen im Maschinenbau

Als weitere stark vertretene Branche unter den antragstellenden Unternehmen liefert der Prüfleitfaden auch für den Maschinenbau Konkretisierungen, insbesondere für die Entwicklung und den Bau von Prototypen. Konkret sind von förderfähigen Aktivitäten abzugrenzen:

  • Tätigkeiten nach dem Testbetrieb und der finalen Evaluierung der letzten Prototypgeneration
  • Installation und Inbetriebnahme an Maschinen ohne Modifikationen und Anpassungen an spezifische Betriebsbedingungen
  • Zertifizierungen

Darüber hinaus liefert der Leitfaden auch Konkretisierungen für den Sondermaschinenbau. Insbesondere muss auch die Entwicklung einer Sondermaschine risikobehaftet sein und die Generierung neuen Wissens für die Branche erfordern. Die Tatsache, dass eine Sondermaschine ein Unikat und daher nicht auf dem Markt in dieser Form vorhanden ist, ist als alleiniges Argument nicht ausreichend für die Förderfähigkeit.

Abgrenzungen für Gesundheitsforschung, Pharmazie, Medizintechnik und eHealth

Die Gesundheitsforschung bringt aufgrund strenger regulatorischer Anforderungen Besonderheiten in der Zulassung mit sich. Daher sind die Erläuterungen des Leitfadens hilfreich, um über das Frascati-Handbuch hinaus eine Beurteilung der Tätigkeiten treffen zu können.

In der Pharma-Branche sind insbesondere klinische Studien Bestandteil der Forschung und Entwicklung. Der Leitfaden impliziert, dass klinische Studien der Phasen I, II und IIIa in der Regel förderfähig sind. Darüber hinaus können auch Post Authorization Efficiacy Studies (PAES), Post Authorization Safety Studies (PASS) und Off-Label-Studien der Phase IV unter bestimmten Voraussetzungen förderfähig sein. Nicht förderfähig sind dagegen alle weiteren Bestandteile der Phasen IIIb und IV sowie Tätigkeiten, die ausschließlich der Zulassung dienen.

Produkte für Medizintechnik, eHealth und In-Vitro-Diagnostik erfordern ebenfalls Studien. Hierbei ist das Hauptabgrenzungsmerkmal, ob eine Studie oder klinische Bewertung ausschließlich den Zweck der Zulassung hat (nicht förderfähig) oder ob erhobene Daten zusätzlich dem Zweck der Entwicklung dienen (förderfähig). Insbesondere für Medizinprodukte der Klassen I bis IIb bzw. analog ist die Durchführung der Studien in der Regel nicht mehr der Forschung und Entwicklung zuzuordnen.  

Fazit

Die Veröffentlichung des Prüfleitfadens ist ein entscheidender Schritt zur Vereinfachung im Antragsprozess für die steuerliche Forschungszulage. Er dient nicht nur als Instrument zur Sicherstellung der Einheitlichkeit und Transparenz, sondern auch zur Nachvollziehbarkeit der individuellen Vorhabenprüfung.

Da die Beantragung der millionenschweren Förderung aufgrund der subjektiven Interpretierbarkeit des Prüfleitfadens trotzdem ein komplexer Prozess bleibt, empfiehlt es sich, Experten mit Branchenkenntnis und langjähriger Erfahrung in der Beantragung der Forschungszulage heranzuziehen. So stellen Sie sicher, dass Ihr Antrag reibungslos und gesetzeskonform erstellt sowie erfolgreich beschieden wird. Sehr gerne beraten wir Sie individuell in einem persönlichen Gespräch:

Autor: Dr. Markus Busuttil

Dr. Markus Busuttil ist Gründer und Geschäftsführer von Busuttil & Company. Er hat über 8 Jahre Erfahrung in der Beratung zur steuerlichen Forschungsförderung in Großbritannien gesammelt, darunter über 5 Jahre bei Deloitte. Er unterstützte Mandanten aus der Industrie sowie multinationale Gruppen und Private Equity Funds. Markus Busuttil studierte Maschinenbau in Hannover und Wales. Nach erfolgreichem Studienabschluss folgte die Promotion an einem kollaborativem Forschungszentrum zwischen der University of Birmingham und der Firma Rolls-Royce. Heute konzentriert sich sein Team aus Ingenieuren, Projektmanagern und Betriebswirten darauf, Kunden bei der Beantragung der Forschungszulage zu unterstützen.

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