BMF Schreiben zur Forschungszulage macht die Förderung noch attraktiver

Am 11.11.2021 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) das langersehnte BMF-Schreiben zur Gewährung von Forschungszulage nach dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (Forschungszulagengesetz – FzulG) veröffentlicht. In diesem BMF-Schreiben wurden viele offene Punkte geklärt, die bisher viele Unternehmen verunsichert und von einer Beantragung der Forschungszulage abgeschreckt haben. 

Die 3 wichtigsten Punkte:

I. Das Forschungszulagengesetz wurde zum 1.1.2020 eingeführt und sah bislang vor, dass nur Projekte gefördert werden können, mit denen nach dem 1.1.2020 begonnen wurde. Diese Regel hat die Forschungszulage für das Jahr 2020 sehr unattraktiv gemacht. Denn viele bereits laufende Projekte wurden so als nicht förderfähig angesehen, da sie bereits vor dem Stichdatum begonnen wurden. Hierzu liefert das BMF-Schreiben nun gute Nachrichten. Aktuell laufende Projektphasen können gefördert werden, wenn sie sich von Phasen, die vor 2020 begonnen haben, klar abgrenzen lassen.

Hierzu heißt es im BMF-Schreiben:

„FuE-Vorhaben nach § 2 FZulG sind nach § 8 FZulG nur begünstigt, wenn mit deren Arbeiten nach dem 1. Januar 2020 begonnen wurde oder wenn der Auftrag nach dem 1. Januar 2020 erteilt worden ist.“

Und weiter: „Begünstigte FuE-Vorhaben zielen darauf ab, eine genau definierte unteilbare Aufgabe ökonomischer, wissenschaftlicher oder technischer Art mit klar festgelegten Zielen durchzuführen. Auf die beschriebene Aufgabe „abzielen“ kann ein FuE-Vorhaben erst, wenn das Vorhaben systematisch geplant worden ist. Damit können die Arbeiten an einem FuE-Vorhaben erst zu dem Zeitpunkt beginnen, an dem Aufgaben- und Zieldefinition, personeller und finanzieller Umfang eines FuE-Vorhabens feststehen und die Umsetzung der geplanten Aktivitäten beginnt.

Beispiel […]: Ein FuE-Vorhaben aus dem Bereich der Medizin besteht aus verschiedenen Arbeitspaketen:

1. Einarbeitung, Literaturrecherche

2. Lastfall- und Machbarkeitsanalyse

3. Analyse von äußeren Einflüssen

4. – 8. …

5. Optimierungsverfahren

6. Markteinführung

Einarbeitung und Literaturrecherche sowie Machbarkeitsstudien oder auch Analysen des Marktes auf bereits vorhandene Lösungen stellen Vorstufen für eine erfolgreiche Beschreibung und Benennung der konkreten Zielsetzung dar. Sie sind Voraussetzungen für die Planung und Beschreibung des FuE-Vorhabens, aber gehören noch nicht zum FuE-Vorhaben. Auch Durchführbarkeitsstudien gehören noch nicht zu den begünstigten FuE-Tätigkeiten. Als Beginn des FuE-Vorhabens i. S. d. FZulG ist daher der Beginn der 3. Stufe anzusetzen.

Das begünstigte FuE-Vorhaben endet im vorliegenden Fall mit der 9. Stufe, da die Markteinführung ebenfalls nicht zu den begünstigten FuE-Tätigkeiten gehört und damit nicht mehr Teil des begünstigten FuE-Vorhabens ist.“

Diese Bestimmungen des BMF-Schreibens ermöglichen die relativ rechtssichere Differenzierung zwischen Aktivitäten, die vor und nach dem 1.1.2020 begonnen haben und erhöhen somit die potenzielle Fördersumme für das Jahr 2020 deutlich.

II. Eine weitere Unklarheit im Forschungszulagengesetzt (FZugl) war bisher die mangelnde Definition der Auftragsforschung. Die bisher gültige Lesart, nach der nur eigenbetriebliche Projekte (für die man nicht bezahlt wird) gefördert werden können, führte zu sehr viel Verunsicherung. Vor allem für Unternehmen in der Automotive Industrie oder aus dem Maschinenbau wurde die Forschungszulage deshalb sehr uninteressant, da die meisten Unternehmen im Rahmen eines Auftrages Entwicklungstätigkeiten entfalten. In der Automotive Industrie wird die Entwicklung häufig auf die Serie umgelegt, während im Maschinenbau eine Maschine oft nur entwickelt wird, für die ein Auftrag im Rahmen eines Kaufvertrags vorliegt. Bisher war nicht klar, ob solche Fälle auch als Auftragsforschung gesehen werden. Wir haben auf diese Definitionslücke in unserem Blogpost vom 10 Dezember 2020 aufmerksam gemacht und sind froh, dass das BMF unsere Logik gefolgt ist.

Hierzu heißt es im BMF-Schreiben:

„Indizien für das Vorliegen von Auftragsforschung sind, dass:

1. der Auftraggeber gezielt eine spezielle Aufgabenstellung vorgibt, die der Auftragnehmer zu lösen hat, und die Auftragsinhalte in einem Vertrag festlegt, der entsprechend den laufenden Entwicklungen gemeinsam von den Vertragspartnern fortgeschrieben wird,

2. der Auftraggeber das Eigentum an den Rechten der Forschungsresultate bzw. Ergebnissen der FuE-Tätigkeiten erwirbt oder der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine ausschließliche, entgeltliche Lizenz an den Neurechten einräumt,

3. der Auftraggeber das Risiko des Scheiterns trägt,

4. der Auftragnehmer ohne Zustimmung des Auftraggebers nicht berechtigt ist, Dritte mit der Durchführung von Teilaufgaben zu beauftragen.

Die vorgenannten Indizien sind in der Gesamtschau zu würdigen und müssen nicht kumulativ vorliegen.“ 

Und weiter:

Schließt ein Unternehmen mit einem Dritten einen Werkvertrag über die Erbringung einer Leistung, die für die eigene Forschungstätigkeit benötigt wird (z. B. Entwicklung einer Maschine), handelt es sich nicht um Auftragsforschung, da keine FuE, sondern ein konkretes Ergebnis geschuldet wird. Insoweit fehlt es an den für die Annahme eines FuE-Vorhabens typischen Merkmalen des Risikos und der Ungewissheit.“

III. Die mangelnde Definition der Auftragsforschung sorgte auch bei vielen verbundenen Unternehmen für Verunsicherung, die im Rahmen der Konzernverrechnung für ihre Entwicklungsaktivitäten „bezahlt“ werden.

Hierzu heißt es im BMF-Schreiben:

Aus Vereinfachungsgründen ist für die Abgrenzung zwischen eigenbetrieblicher FuE und Auftragsforschung zwischen verbundenen Unternehmen anhand der nachstehenden Kriterien für das jeweilige Vorhaben zu prüfen, ob danach Auftragsforschung vorliegt. Abweichend von Rn. 49 ist zwischen verbundenen Unternehmen von Auftragsforschung auszugehen, wenn folgende Kriterien kumulativ vorliegen:

1. gezielte Beauftragung einer FuE-Gesellschaft durch die Konzernmutter oder ein anderes verbundenes Unternehmen mittels einer speziellen Aufgabenstellung für ein konkretes FuE-Vorhaben,

2. Festlegung oder wesentliche Mitbestimmung der Ziele der Forschung und der Durchführungswege durch das beauftragende Unternehmen,

3. Vereinbarung eines gesonderten Entgelts oder festgelegten Budgets für das FuE-Vorhaben und

4. fehlende Berechtigung des Auftragnehmers ohne Zustimmung des Auftraggebers, Dritte mit der Durchführung von Teilaufgaben zu beauftragen.

Liegen die Kriterien einer Auftragsforschung danach vor, ist das beauftragende Unternehmen als Auftraggeber nach dem FZulG anspruchsberechtigt. Liegen die Kriterien nicht vor, ist von eigenbetrieblicher FuE des das FuE-Vorhaben durchführenden Unternehmens auszugehen.“

Dies bedeutet, dass die Kostenübernahme seitens einer Konzernmutter nicht zwangsläufig eine Auftragsforschung darstellt. Dies ist vor allem für Unternehmen mit einem ausländischen Mutterkonzern wichtig und stärkt den Forschungsstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb erheblich.

Fazit

Das BMF-Schreiben hat viele offene Punkte geklärt und schafft eine höhere Rechtssicherheit. Gleichzeitig erhöhen diese Klärungen die Attraktivität der Forschungszulage. Somit lohnt sich auch ein zweiter Blick auf dieses neue Förderinstrument, denn man kann die Forschungszulage auch rückwirkend für 2020 und 2021 beantragen.

Autor: Dr. Markus Busuttil

Dr. Markus Busuttil ist Gründer und Geschäftsführer von Busuttil & Company. Er hat über 8 Jahre Erfahrung in der Beratung zur steuerlichen Forschungsförderung in Großbritannien gesammelt, darunter über 5 Jahre bei Deloitte. Er unterstützte Mandanten aus der Industrie sowie multinationale Gruppen und Private Equity Funds. Markus Busuttil studierte Maschinenbau in Hannover und Wales. Nach erfolgreichem Studienabschluss folgte die Promotion an einem kollaborativem Forschungszentrum zwischen der University of Birmingham und der Firma Rolls-Royce. Heute konzentriert sich sein Team aus Ingenieuren, Projektmanagern und Betriebswirten darauf, Kunden bei der Beantragung der Forschungszulage zu unterstützen.

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