Mut zur Reform: Investitionen ermöglichen und Innovation stärken
Einblicke aus dem Austausch mit Adis Ahmetović, Dr. Andreas Jäger, Nicole Datz und Dr. Markus Busuttil
Im Oktober hatten wir die besondere Gelegenheit unseren Bundestagsabgeordneten für den Wahlkreis Hannover, Herrn Adis Ahmetović in unserem Büro in Hannover begrüßen zu dürfen. Der Anlass für die Einladung war unser Wunsch, mit ihm über die Zukunft von Investitionen und Innovationen in Deutschland zu sprechen und konkrete Impulse zur Weiterentwicklung der Forschungszulage geben, mit dem Ziel, Bürokratie abzubauen und insbesondere KMU den Zugang zu Förderung zu erleichtern.
Gemeinsam mit Dr. Andreas Jäger, Präsident des Unternehmerverbandes Niedersachsen, und Nicole Datz, Partnerin der Steuerkanzlei WTS, diskutierten wir eingehend über die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Ausgangspunkt der Gespräche war die zentrale Fragestellung, warum die Investitionsbereitschaft im Mittelstand sinkt und welche konkreten Erwartungen an die Politik bestehen, um Deutschland als Standort wieder attraktiver zu machen.
Handlungsbedarf für den Wirtschaftsstandort Deutschland
Dieses Treffen findet in einer Phase statt, in der im deutschen Mittelstand große Unsicherheit herrscht. Immer mehr Unternehmen stellen Ihre Investitionen am Standort Deutschland infrage. Die Gründe hierfür sind eindeutig und geben Anlass zur Sorge: Eine ausufernde Bürokratie, komplizierte Förderstrukturen und ein spürbares Vertrauensdefizit zwischen Staat und Wirtschaft prägen das aktuelle Bild.
Im Verlauf des Austauschs wird deutlich, dass diese strukturellen Barrieren die Investitionsbereitschaft der Unternehmen massiv beeinträchtigen. Besonders der Mittelstand leidet unter den bestehenden Hürden. Daraus ergibt sich ein dringender Handlungsbedarf: Es braucht entschlossene politische Reformen, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern und das Vertrauen der Unternehmen zurückzugewinnen.
Die Gesprächsrunde hatte zum Ziel, nicht nur die bestehenden Probleme klar zu benennen, sondern auch konkrete Lösungsansätze zu diskutieren, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nachhaltig zu sichern. Die zentrale Erkenntnis aus dem Austausch: Deutschland braucht jetzt Mut zur Reform, um den Weg in eine innovative und investitionsfreundliche Zukunft zu ebnen.
Stimmung im Mittelstand: Investitionsbereitschaft sinkt
Dr. Markus Busuttil, CEO und Geschäftsführer von Busuttil & Company, macht gleich zu Beginn des Gesprächs deutlich, was wir aus der täglichen Zusammenarbeit mit unseren Mandant:innen wissen: Die Investitionsbereitschaft am Standort Deutschland ist auf einem Tiefpunkt. Unternehmen bewerten die Lage als „kritisch“, nicht zuletzt wegen hoher Kosten, komplexer Verfahren und fehlender Planungssicherheit.
Das bestätigt auch die aktuelle Datenlage: Laut dem Mittelstandsradar 2025 planen lediglich 22% der 225 befragten Unternehmen, ihr Investitionsbudget in den kommenden zwölf Monaten zu erhöhen. Nur 25% der Unternehmen im produzierenden Gewerbe möchten Erweiterungsinvestitionen tätigen. Ein Großteil von rund 75% stuft dabei den hohen bürokratischen Aufwand als Hauptbelastungsfaktor für künftige Investitionen am Wirtschaftsstandort Deutschland ein.
Gleichzeitig prognostiziert die Bundesregierung für 2026 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von gerade einmal 1,3 %, getragen fast ausschließlich von staatlichen Ausgaben, und nicht von privaten Investitionen
Dr. Markus Busuttil bringt es im Gespräch auf den Punkt:
„Die Politik sagt: Wir schaffen Förderinstrumente. Aber dann werden sie durch Kontrollmechanismen und komplizierte Prozesse wieder zerrieben. Das kostet Vertrauen und hemmt Innovation.“
Standortwettbewerb: Investitionen im Abwärtstrend
Auch im internationalen Wettbewerb verliert Deutschland zunehmend an Attraktivität als Investitionsstandort. Während andere Länder durch schlanke Genehmigungsverfahren und effiziente Abläufe punkten, sehen sich deutsche Unternehmen mit einem undurchdringlichen bürokratischen Dschungel konfrontiert.
Die Zahlen sprechen auch hier eine klare Sprache: Deutschland hat sich im IMD-Wettbewerbsranking 2025 im Vergleich zu den Vorjahren (Platz 24 im Jahr 2024 und Platz 22 im Jahr 2023) zwar leicht auf Platz 19 verbessert, liegt damit aber weiterhin deutlich unter dem Spitzenwert von Platz 6 im Jahr 2014.
Parallel dazu verlagern immer mehr Unternehmen ihre Investitionen ins Ausland. Allein in Mittel- und Osteuropa stiegen die deutschen Investitionen 2024 um 22 %. Gleichzeitig bleibt Deutschland auch für ausländische Investoren zunehmend unattraktiv: Die Zahl ausländischer Investitionsprojekte sank 2024 um 17% auf nur noch 608, der niedrigste Stand seit 2011. Damit ging die Zahl der ausländischen Investitionsprojekte bereits im sechsten Jahr in Folge zurück. Kein anderer Standort unter den Top 20 in Europa hat im vergangenen Jahr so stark an Bedeutung verloren (vgl. EY – Standort Deutschland 2025).
Dr. Markus Busuttil betont:
„Es ist einfacher, ein neues Werk in Tunesien zu bauen, als ein bestehendes Werk in Deutschland zu transformieren. Das darf nicht sein! Wir brauchen planbare Anreize und weniger Hürden für Investitionen am Standort Deutschland.“
Bürokratie als Innovationsbremse
Ein zentrales Thema, das während der Gesprächsrunde intensiv diskutiert wurde, war die ausufernde Bürokratie und deren Auswirkungen auf die Innovationskraft sowie die Investitionsbereitschaft des deutschen Mittelstands.
Förderprogramme wie die steuerliche Forschungszulage stellen für unsere Mandant:innen ein zentrales Instrument dar, um gezielt Investitionen und Innovationsprojekte am Standort Deutschland voranzutreiben. Doch in der Praxis erweisen sich diese Instrumente oft als zu kompliziert und schwer zugänglich. Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, sich durch ein undurchschaubares Dickicht aus Formularen, umfangreichen Nachweispflichten und aufwendigen Prüfprozessen zu kämpfen. Dies führt dazu, dass der eigentliche Fördergedanke oft ins Gegenteil verkehrt wird: Statt Unterstützung erleben die Unternehmen eine zusätzliche Belastung.
„Zwar entwickelt die Politik Förderinstrumente wie die Forschungszulage stetig weiter, doch deren Wirkung wird durch komplexe Verfahren und strenge Kontrollen massiv eingeschränkt. Die Konsequenz ist, dass sich Unternehmen eher gegängelt als gefördert fühlen. Diese bürokratischen Hürden kosten nicht nur Zeit und Ressourcen, sondern mindern auch das Vertrauen in staatliche Unterstützung und hemmen die Innovationsbereitschaft nachhaltig.“ so Dr. Markus Busuttil.
Dass hier dringender Handlungsbedarf besteht, betont auch die OECD seit Jahren. Sie fordert Deutschland wiederholt dazu auf, Genehmigungs- und Verwaltungsverfahren zu vereinfachen und zu digitalisieren, um Investitionen zu beschleunigen und Innovationsprozesse zu erleichtern. Dennoch geht der Bürokratieabbau bislang nur schleppend voran, weitreichende und wirksame Reformen bleiben bisher aus.
Einheitliche Innovationsförderung statt Doppelstrukturen: Die Transformationszulage
Ein weiterer Schwerpunkt der Gesprächsrunde war das Thema Innovationsförderung. Die steuerliche Forschungszulage ist seit 2020 ein wichtiges Förderinstrument für Unternehmen in Deutschland, dass stetig ausgebaut wird. Jüngstes Beispiel dafür ist das von der Bundesregierung beschlossene Investitionssofortprogramm ab 2026, das die Forschungszulage gezielt verbessert, unter anderem durch eine höhere Bemessungsgrundlage und die Einführung einer pauschalen Gemeinkostenförderung.
Doch trotz zunehmender Bekanntheit und stetiger Verbesserung in den vergangenen Jahren, zeigt sich: Die Forschungszulage greift in der Praxis oft zu kurz, denn viele Unternehmen schrecken noch immer vor dem bürokratischen Aufwand, den unsicheren Abgrenzungen und den möglichen Konsequenzen einer Buchprüfung zurück.
Parallel existiert mit dem Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) ein zweites, Förderinstrument, mit einem speziellen Fokus auf KMUs. Zwei Programme mit ähnlicher Zielsetzung, aber unterschiedlichen Verfahren. Das Ergebnis: Doppelstrukturen und eine daraus resultierende unübersichtliche Förderstruktur in Deutschland.
Die parallele Existenz mehrerer Förderprogramme ist in unseren Augen nicht zielführend. Die Zukunft der Innovationsförderung in Deutschland liegt vielmehr in einem zentralen, klar verständlichen und effektiven Instrument: der sogenannten Transformationszulage.
Unsere zentralen Forderungen im Überblick
- Integration des ZIM-Budgets in die Forschungszulage: Um Doppelstrukturen abzuschaffen und die Förderlandschaft übersichtlicher zu gestalten, soll das Budget des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) vollständig in die Forschungszulage überführt werden. Damit würde die administrative Komplexität deutlich reduziert und Unternehmen hätten einen klaren Anlaufpunkt für innovationsbezogene Förderungen.
- Erweiterung der förderfähigen Inhalte auf Zukunftsfelder: In den Fokus rücken sollten insbesondere Bereiche wie Künstliche Intelligenz, Automatisierung, Digitalisierung und nachhaltige Produktion. Diese Felder sind entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland und müssen explizit in der Förderfähigkeit verankert werden.
- Pauschalisierte Personalkostenerfassung und vereinfachte Abgrenzung projektbegleitender Tätigkeiten: Ein wichtiger Schritt wäre die Umstellung auf ein pauschalisiertes System, dass auch die Erfassung von Personalkosten selbst pauschal möglich macht, z.B. über feste Prozentsätze je Mitarbeiter:in oder Projekt. Zusätzlich sollten projektbezogene Gemeinkosten wie Verwaltung, Planung, Schulung oder Dokumentation ohne aufwändige Einzelnachweise anerkannt werden. Das reduziert den Dokumentationsaufwand und die Prüfungsrisiken, insbesondere für KMU.
- Frühzeitige Auszahlung oder Zwischenfinanzierung ermöglichen: Damit Unternehmen nicht über Monate in Vorleistung gehen müssen, ist eine frühzeitige Auszahlung oder die Möglichkeit einer Zwischenfinanzierung erforderlich. So wird Liquidität gesichert und Innovationsprojekte können schneller umgesetzt werden.
Diese vorgeschlagenen Maßnahmen sind haushaltsneutral und könnten, laut eigenen Berechnungen, Bürokratiekosten von bis zu 118 Millionen Euro jährlich einsparen. Damit würde der Fördergedanke wieder in den Mittelpunkt gerückt und Unternehmen tatsächlich unterstützt, statt sie durch komplexe Strukturen zu belasten.
Für weitere Informationen zu diesem Thema lesen Sie gerne unseren Beitrag zum Thema: Einheitliche Innovationsförderung statt Doppelstrukturen: Politische Weiterentwicklung der Forschungszulage
Das Vertrauensverhältnis neu denken
Hier liegt der Kern des Problems: Zentrum der aktuellen Herausforderungen für die Innovationsförderung bildet das derzeit stark angespannte Vertrauensverhältnis zwischen Staat und Unternehmen.
„Der Staat vertraut seinen Bürgern und Unternehmen zu wenig und neigt dazu, immer stärker zu kontrollieren. Das führt zu einem Gefühl der Entmündigung und Unfreiheit und das ist Gift für Investitionen.“ stellt Dr. Markus Busuttil klar.
Unternehmen berücksichtigen in ihren Entscheidungen nicht nur die reinen Kosten, sondern auch die mit bürokratischen Verfahren verbundenen Risiken. Wenn staatliche Abläufe als unberechenbar empfunden werden und die Verwaltung nicht als Partner, sondern als Kontrollinstanz auftritt, führt das zu einer sinkenden Investitionsbereitschaft. Dieses Klima von Misstrauen hemmt die Innovationskraft und die Entwicklung des Standorts Deutschland.
Um dem entgegenzuwirken, fordern wir einen grundlegenden Wandel hin zu einer echten Partnerschaftslogik. Das bedeutet konkret:
- Klare und eindeutige Regeln: Anstelle von weit auslegbaren Vorschriften, die Unsicherheit schaffen, sind transparente und verständliche Vorgaben notwendig.
- Digitale Prozesse mit festen Fristen: Durch digitalisierte Abläufe und verbindliche Zeitrahmen wird für Unternehmen Planungssicherheit geschaffen.
- Risikobasierte Prüfungen: Kontrollen sollten nicht flächendeckend erfolgen, sondern gezielt und auf Basis nachvollziehbarer Risiken. Vertrauen muss zum Standard werden und Kontrolle die Ausnahme bleiben.
Denn Vertrauen gilt in der Wirtschaft nicht nur als moralische Größe, sondern als elementarer Produktionsfaktor. Wer das Vertrauen von Unternehmen stärkt, stärkt die Innovationsfähigkeit und damit den gesamten Wirtschaftsstandort Deutschland.
Fazit: Mut zur Reform
Deutschland steht vor einer Weggabelung. Wir können entweder weitermachen wie bisher, mit komplizierten Verfahren, Doppelstrukturen und wachsendem Misstrauen. Oder wir können den Schritt gehen, der längst überfällig ist: Bürokratie abbauen, Förderlogik bündeln und Vertrauen als Grundprinzip etablieren.
Wenn die Politik jetzt handelt, investieren Unternehmen hier. Wenn nicht, investieren sie anderswo. Es liegt also in unserer Hand, ob Deutschland wieder Standort dieser Entscheidung wird.
Unser besonderer Dank gilt dem Bundestagsabgeordneten Adis Ahmetović, Dr. Andreas Jäger und Nicole Datz für diesen wertvollen Austausch, der von ehrlicher Wertschätzung und dem gemeinsamen Wunsch nach Veränderung geprägt war.
Dieses Treffen hat uns bei Busuttil & Company gezeigt, wie viel wir erreichen können, wenn Politik und Wirtschaft aufeinander zugehen. Denn eigentlich teilen wir doch alle das gleiche Ziel: Ein investitionsfreundliches und zukunftsstarkes Deutschland
Mut zur Reform: Investitionen ermöglichen und Innovation stärken
Im Oktober diskutierten wir mit dem Bundestagsabgeordneten Adis Ahmetović, Dr. Andreas Jäger (Präsident vdes UVN) und Nicole Datz (Partnerin bei WTS) über den Reformbedarf am Wirtschaftsstandort Deutschland. Im Fokus: sinkende Investitionsbereitschaft, Bürokratieabbau und konkrete Ansätze, um Investitionen zu fördern und Innovationen nachhaltig zu stärken.
5 Jahre Forschungszulage: Zahlen, Realität und Chancen für Unternehmen
Die Betriebsprüfung der Forschungszulage rückt zunehmend in den Fokus der Finanzprüfer und entwickelt sich zu einem wichtigen Aspekt des unternehmerischen Risikomanagements. Wer eine klar strukturierte Dokumentation und eindeutige Zuständigkeiten vorweisen kann, ist auf die Prüfung bestens vorbereitet. Unser Leitfaden bietet kompakte Praxistipps, mit denen Sie die Prüfungsphase souverän meistern.
Betriebsprüfung der Forschungszulage: Innovation fördern, Risiken vermeiden
Die Betriebsprüfung der Forschungszulage rückt zunehmend in den Fokus der Finanzprüfer und entwickelt sich zu einem wichtigen Aspekt des unternehmerischen Risikomanagements. Wer eine klar strukturierte Dokumentation und eindeutige Zuständigkeiten vorweisen kann, ist auf die Prüfung bestens vorbereitet. Unser Leitfaden bietet kompakte Praxistipps, mit denen Sie die Prüfungsphase souverän meistern.