Was zählt als Auftragsforschung für die Forschungszulage?

Mit der neuen steuerlichen Forschungszulage können sich Unternehmen neben den Personalkosten auch die Kosten für die Auftragsforschung fördern lassen. Dies war eine der kurzfristigen Änderungen während des Gesetzgebungsverfahrens, die der Gesetzgeber bewusst mit einbezogen hat, um kleinere Unternehmen zu unterstützen, die keine eigene F&E-Abteilung haben. Was als Wohltat gedacht war, führt in der Praxis jedoch zu erheblichen Auslegungsschwierigkeiten, denn nur das beauftragende Unternehmen – nicht aber der Auftragnehmer – kann die Kosten der Entwicklung bei der Forschungszulage geltend machen. Die Frage, vor der jetzt viele Unternehmen stehen ist:

Was ist eigentlich Auftragsforschung?

Viele Unternehmen, vom Automobilzulieferer bis zum Sondermaschinenbauer, entwickeln sehr häufig nur im Rahmen eines „Kundenauftrags“. Ist nun also eine neue Maschine, die man im Rahmen eines Kaufvertrags entwickelt hat, bereits Auftragsforschung?

Diese und ähnliche Fragen kommen sehr häufig in unseren Beratungsgesprächen vor, weshalb wir hier die juristische Grundlage der Definition der Auftragsforschung betrachten wollen. Der Blick ins Forschungszulagengesetz hilft leider nicht weiter, da die Auftragsforschung nicht weiter definiert ist. In den FAQs des Bundesfinanzministeriums zur Forschungszulage heißt es lediglich: „Hier gelten die allgemein bekannten Regelungen zur Auftragsforschung“.

Definition der Auftragsforschung

Das Forschungszulagengesetz verweist in seiner F&E Definition auf europäisches Recht (AGVO). Der beihilferechtliche Begriff der Auftragsforschung im europäischen Recht ist jedoch nicht notwendig deckungsgleich mit dem deutschen Hochschulrecht. Maßgeblich für die beihilferechtliche Beurteilung des Begriffs „Auftragsforschung“ ist der „Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation“.

Das europäische Recht definiert den Begriff der Auftragsforschung nicht, sondern setzt ihn voraus. Im F&E-Rahmen wird die Auftragsforschung (und Forschungsdienstleistungen) in Ziff. 2.2. ff. behandelt wobei insbesondere Ziff. 2.2.1. wichtig ist, da der F&E-Rahmen an dieser Stelle Kriterien für eine beihilferechtskonforme Ausgestaltung der Auftragsforschung enthält. Eine Annäherung an den Begriff muss daher in Abgrenzung zu anderen Gestaltungen erfolgen.

Folgende Merkmale zeichnen die Auftragsforschung aus:

1. Rechtsverhältnis (zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer)

2. Leistung (Tätigwerden der Forschungseinrichtung als Auftragnehmer für den Auftraggeber)

3. Gegenleistung (Vergütung durch das Unternehmen als Auftraggeber an den Auftragnehmer)

4. Leistungsinhalt (Forschung des Auftragnehmers)

Entscheidendes Merkmal der Auftragsforschung im europäischen Sinne ist die Abhängigkeit. Die Forschungseinrichtung bestimmt nicht unabhängig die Forschungsziele und -methoden sowie die Verwertung der Ergebnisse, sondern ist vertraglich an Vorgaben und Interessen des Auftraggebers gebunden. Unerheblich ist allerdings die Vertragsbezeichnung für die beihilferechtliche Bewertung.

Man spricht von Auftragsforschung, wenn der Auftraggeber in der Regel die Vertragsbedingungen festlegt, Eigentümer der Ergebnisse der Forschungstätigkeiten ist und das Risiko des Scheiterns trägt.

Fazit und Ausblick

Viele Mittelständer gehen erheblich ins Risiko, selbst wenn schon ein „Kundenauftrag zur Forschung“ vorliegt. Unserer Meinung nach muss man im Detail prüfen, in welchem Umfang ein Vertrag oder Auftrag, den ein Unternehmen mit seinem Kunden geschlossen hat, die oben genannten Kriterien erfüllt.

Hoffentlich wird das BMF hierzu im Januar 2021 eine Klärung herbeiführen, denn andernfalls werden sehr viele innovative Projekte aus der Förderung fallen und der vom Gesetzgeber gewünschte Fördereffekt verpufft leider!

Autor: Dr. Markus Busuttil

Dr. Markus Busuttil ist Gründer und Geschäftsführer von Busuttil & Company. Er hat über 8 Jahre Erfahrung in der Beratung zur steuerlichen Forschungsförderung in Großbritannien gesammelt, darunter über 5 Jahre bei Deloitte. Er unterstützte Mandanten aus der Industrie sowie multinationale Gruppen und Private Equity Funds. Markus Busuttil studierte Maschinenbau in Hannover und Wales. Nach erfolgreichem Studienabschluss folgte die Promotion an einem kollaborativem Forschungszentrum zwischen der University of Birmingham und der Firma Rolls-Royce. Heute konzentriert sich sein Team aus Ingenieuren, Projektmanagern und Betriebswirten darauf, Kunden bei der Beantragung der Forschungszulage zu unterstützen.

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